26.08.2024

Design für leichte Sprache

Lesen ist in unserer Gesellschaft eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dennoch sind Milliarden von Menschen von Leseschwierigkeiten betroffen. Nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern, sondern auch in den westlichen Industrienationen haben Millionen Erwachsene erhebliche Schwierigkeiten, selbst kurze Texte vollständig zu verstehen. Oft liegt das nicht nur an mangelnder Lesekompetenz, sondern auch an einem unnötig komplizierten Sprachstil. Informationsanbieter sind daher gut beraten, sich Gedanken darüber zu machen, ob ihre Zielgruppen die angebotenen Inhalte tatsächlich verstehen. Hier kommt leichte und einfache Sprache ins Spiel.

Lesen ist in unserer Gesellschaft eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dennoch haben Millionen Menschen erhebliche Schwierigkeiten, selbst kurze Texte vollständig zu verstehen.

Oft liegt das nicht nur an mangelnder Lesekompetenz, sondern auch an einem unnötig komplizierten Sprachstil. Informationsanbieter sind daher gut beraten, sich Gedanken darüber zu machen, ob ihre Zielgruppen die angebotenen Inhalte tatsächlich verstehen. Als Lösung kommen hier die Konzepte von leichter und einfacher Sprache ins Spiel.

Was ist «Leichte Sprache»?

 «Leichte Sprache» ist eine vereinfachte Form der Sprache, die speziell entwickelt wurde, um das Verstehen von Texten zu erleichtern. Sie richtet sich nicht nur an Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, sondern auch an Menschen mit Sprachbarrieren oder niedrigem Bildungsniveau.

Was ist «Einfache Sprache»?

«Einfache Sprache» ist ebenfalls eine vereinfachte Form der Sprache. Im Vergleich zur «Leichten Sprache» ist sie jedoch weniger stark vereinfacht und richtet sich an ein breiteres Publikum. Dadurch können Sachverhalte in «Einfacher Sprache» detailreicher als in «Leichter Sprache» beschrieben werden.

Es gibt keine scharfe Abgrenzung zwischen «Leichter Sprache» und «Einfacher Sprache», die Übergänge sind fliessend. Der Fokus liegt auf der jeweiligen Hauptzielgruppe: «Leichte Sprache» richtet sich vor allem an Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, während «Einfache Sprache» insbesondere Menschen anspricht, die eine Sprache als Zweitsprache erlernen oder über wenig Lesekompetenz verfügen.

Wie sind Texte in leichter oder einfacher Sprache aufgebaut?

Texte in Leichter oder Einfacher Sprache sollten nur kurze Sätze enthalten. Insbesondere bei Texten in Leichter Sprache sollte jeder Satz nur eine Aussage enthalten. Komplexe Strukturen wie doppelte Verneinungen, das Passiv oder der Konjunktiv sollten vermieden werden. Auch Metaphern (also bildhafte Ausdrücke) oder ironische Aussagen sollten in «Leichter Sprache» nicht verwendet werden.

Verständnisprobleme sind heutzutage allgegenwärtig

Unsere Lesekompetenz nimmt stetig ab, wie zahlreiche Studien belegen. Durch den starken Einfluss unserer modernen Kommunikationstechnologien und die intensive Nutzung von Social Media verfügen viele Jugendliche in ihrer Muttersprache nur noch über ein Sprachniveau von B2. In unserem Beispiel entspricht dies dem Text in Reiter «Einfache Sprache».

Unser Beispieltext im Reiter «Komplexe Sprache» wird von den meisten Schweizern unter 20 Jahren als zu anstrengend empfunden und deshalb nicht mehr gelesen. Dieser Text führt bei dieser Zielgruppe zu einem vollständigen Kommunikationsabbruch. Wer als Unternehmen oder Informationsanbieter vor allem jüngere Zielgruppen ansprechen möchte, sollte darüber nachdenken, seine Inhalte künftig nur noch in «Leichter Sprache» anzubieten. Andernfalls besteht die Gefahr, von dieser Zielgruppe nicht mehr wahrgenommen zu werden.

Hier ein Beispiel eines Textes unserer Website in …

  • Komplexe Sprache

    Von der Idee über den Entwurf zum Erfolg

    Ein gutes Konzept bedarf nicht nur Kreativität, sondern vor allem ein strukturiertes Vorgehen, gute Recherche, belastbare Erfahrung und enge Abstimmung.

    Gemeinsam mit Ihnen entwickeln wir robuste und nutzerzentrierte Konzepte, die Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen zukunftsfähig machen. Angefangen von Review- und Beratungsleistungen bis hin zur vollständigen Entwicklung von Websites, Mobile-Apps oder Internet-of-Things-Anwendungen – unser Ziel ist es, begeisternde Erlebnisse zu schaffen.

  • Einfache Sprache (Niveau B2)

    Von der Idee bis zum Erfolg

    Ein gutes Konzept braucht gute Ideen, eine gute Planung, eine genaue Recherche sowie viel Erfahrung.

    Eine enge Zusammenarbeit ist dabei auch sehr wichtig. Daher entwickeln wir mit Ihnen gemeinsam starke und einfache Konzepte. Dadurch werden Ihre Produkte und Dienstleistungen – also Ihr ganzes Unternehmen fit für die Zukunft.

    Wir bieten alles: von Beratung bis zur kompletten Entwicklung von Websites und Apps. Unser Ziel ist es, digitale Lösungen zu schaffen, die Freude machen.

  • Leichte Sprache (Niveau A2)

    Snowflake macht Websites und Apps.
    Unser Ziel: sie wirklich gut zu machen.
    Denn eine gute Website hilft uns allen.

    Für gute Websites braucht man gute Ideen.
    Man muss viel untersuchen und viel Erfahrung haben.
    Zusammenarbeit ist auch sehr wichtig.
    Daher arbeiten wir mit unseren Kunden eng zusammen.

Design für «Leichte Sprache»

Ein noch wenig beachteter Bereich ist die Gestaltung von Inhalten in «Leichter Sprache». Die meisten Informationen über Leichte Sprache beziehen sich ausschliesslich auf das Übersetzen oder Schreiben von Texten in «Leichter Sprache», aber kaum auf Gestaltungsprinzipien oder eine übergeordnete Informationsarchitektur.

Die Regeln der Barrierefreiheit und auch der guten Lesbarkeit bieten zwar eine solide Grundlage, reichen aber nicht aus, um eine zielgruppengerechte Informationsarchitektur oder wahrnehmungspsychologische Faktoren angemessen zu berücksichtigen.

Gerade diese Aspekte sind aber entscheidend, um Medienprodukte in «Leichter Sprache» umfassend und effektiv zu gestalten. Fragen, wie eine Benutzerführung auf einer Website in «Leichter Sprache» oder mit Teilen davon optimal gestaltet werden sollte, sind bisher nur in Ansätzen beantwortet.

Zwar wurde 2023 eine Empfehlung für eine DIN-Norm 33429 «Leichte Sprache» veröffentlicht, aber auch diese gibt in Bezug auf Stil/Gestaltungsmittel sowie den grundsätzlichen Aufbau einer Benutzerführung kaum aussagekräftige Informationen.

Unsere Arbeiten im Bereich Leichte Sprache / Barrierefreiheit – vor allem unsere Nutzertests haben jedoch folgende Gestaltungsrichtlinien zutage gebracht:

Layout:

  • Folge weitgehend den Regeln eines «Mobile-First-Designs» d.h. setze das Layout möglichst einspaltig und mit möglichst wenig responsiven Umbrüchen um. 
  • Falls dies nicht möglich ist, achte darauf, genügend Abstand zwischen horizontalen Abschnitten einzuhalten und diese Abschnitte ggf. zu umrahmen oder anders als Gruppen-Einheit zu kennzeichnen.
  • Verwende ausschliesslich einen linksbündigen Satzaufbau.
  • Auch wenn es anregend und kreativ sein kann, erwartungskonforme und etablierte Konzepte zu durchbrechen, ist es im Bereich der «Leichten Sprache» ratsam, darauf zu verzichten, da Abweichungen von bekannten Mustern zu hohen kognitiven Belastungen führen können.

Informationsarchitektur:

  • Wichtiges zuerst: Baue Deine Struktur logisch auf und führe die wichtigsten Informationen zuerst und nicht am Ende auf.
  • Strukturiere die Informationen in nachvollziehbare und verständliche Abschnitte. Begrenze die Anzahl dieser Abschnitte auf einer Inhaltsseite auf maximal fünf bis sechs.
  • Füge viel Weissraum zwischen den Abschnitten hinzu und setze verständliche Überschriften ein, um das Überfliegen und Scannen der Seite zu erleichtern. Der Abstand vor einer Überschrift sollte mindestens das Dreifache der Schriftgröße betragen.
  • In Gruppen oder Listen, wie beispielsweise in der Navigation, sollten nicht mehr als fünf bis sechs Elemente verwendet werden.
  • Vermeide mehrstufige Informationsebenen, wie z. B. Unterkategorien.
  • Zusammengehörende Einheiten (alle Elemente einer Gruppe) kann man gut durch eine deutliche Umrandung oder eine leichte Farbhinterlegung gruppieren.
  • Aufklappbare Listen oder Accordions werden gut von den Zielgruppen der «Leichten Sprache» verstanden. Diese sollten deutlich als anklickbar gekennzeichnet sein.

Schriftwahl:

  • Für den Fliesstext sollte eine einfache und nicht verschnörkelte Schriftart Anwendung finden, die gut lesbar ist. Auch Serifen-Schriften wie z. B. die «Times New Roman» können durchaus dafür eingesetzt werden.
  • Für Überschriften kann gerne eine andere Schriftart (zum Beispiel bei einer Serifen-Grundschriftart eine serifenlose Headline-Schrift) oder eine andere Farbigkeit verwendet werden.
  • Es empfiehlt sich generell alle Überschriften im Fett-oder Halbfettdruck zu setzen, um diese als solche deutlich zu identifizieren.
  • Verwende Schriftstile (Kombinationen aus Grösse, Farbigkeit, Schriftfamilie und Schnitt) konsistent und funktional innerhalb eines Medienprodukt und begrenze diese auf maximal sechs Stile.
  • Verwende für den Fliesstext eine Mindestschriftgrösse von 22px. Je nach Schriftfamilie oder Anwendungsfall kann diese auch grösser ausfallen.
  • Verwende nicht zu viele Schriftgrössen - maximal drei bis vier und deutlich erkennbar abgestuft, wie zum Beispiel 24, 48 und 72px.

Weitere typografische Regeln:

  • Vermeide kursive oder fette Texthervorhebungen innerhalb eines Textabschnitts.
  • Vermeide grundsätzlich Schattierungen von Schriften.
  • Unterstreichungen sollten möglichst nicht die Unterlängen der Buchstaben berühren oder durchstreichen.
  • Verwende ausschliesslich gemischte Gross- und Kleinschreibung.
  • Der Zeilenabstand im Fliesstext sollte mindestens 160% der Schriftgröße betragen.
  • Verwende pro Satz eine Zeile. Die Spaltenbreite und Schriftgrösse sollten so gewählt werden, dass es zu keinem Zeilenumbruch innerhalb eines Satzes kommt, auch nicht auf kleinen Geräten wie Smartphones.

Listen und Tabellen:

  • Verwende statt Komma-Aufzählungen vielmehr Listen, um Textblöcke aufzulockern – vor allem bei der Beschreibung von Prozessen oder Anleitungen. 
  • Nutze grosse Listenzeichen vor den Textzeilen.
  • Verwende Ordnungszahlen nur, wenn Du damit eine Reihenfolge verständlich machen möchtest.
  • Setze Tabellen ein, um komplexes Material leichter verständlich zu machen. Es sollten nicht mehr als 4-5 Spalten und nicht mehr als 5-6 Reihen in einer Tabelle Anwendung finden.

Tonalität:

  • Die Verwendung eines «kindlichen» oder «naiven» Stils könnte den Eindruck erwecken, dass die Zielgruppe infantilisiert wird, was wiederum das Selbstbild und die Würde der Betroffenen beeinträchtigen könnte. Es ist daher wichtig, den visuellen Stil sorgfältig zu wählen, um Respekt und Professionalität zu gewährleisten.
  • Der Schlüssel zu dem geeigneten visuellen Stil liegt in einem primär funktionalen und erwartungskonformen Stil. Alle visuellen Elemente sollten eindeutig von der Zielgruppe verstanden werden, unabhängig von ihrem Stil. Ein minimalistischer oder moderner Stil kann genauso gut funktionieren, solange er die notwendige Klarheit und Verständlichkeit aufweist.
Über den Autoren:

Thomas Sokolowski hat «Visuelle Kommunikation» mit den Schwerpunkten Wahrnehmungspsychologie und Typografie studiert und arbeitet bei Snowflake Productions als Senior UX/UI Designer. Zu seinen beruflichen Interessen zählen neben Leichter Sprache auch Barrierefreies Design und Designsysteme.

  

Quellen sowie weiterführende Informationen: